27.07.23: “Niemand hat die Absicht einen Studiengang einzustellen”

Stellungnahme zur Auflösung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie an der Universität Hamburg

Am 12.07.2023 wurde der Antrag zur Auflösung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie an der Universität Hamburg (UHH) trotz Gegenstimmen und Enthaltungen durch den Fakultätsrat Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (FR WiSo) mehrheitlich angenommen. Damit wurde unser erklärtes Ziel, der Erhalt der kriminologischen Sozialforschung und -lehre an der Universität Hamburg, nach mehr als eineinhalb Jahren der politischen Auseinandersetzung verhindert und die Abwicklung des Fachgebiets der Kriminologischen Sozialforschung institutionell besiegelt. Diese Entwicklung findet gegen den ausgesprochenen Willen und die Ambitionen der Studierendenschaft und weiter Teile des Lehrkörpers statt. Die kontinuierlich steigenden Bewerber*innenzahlen des Studiengangs (der schon jetzt der Bewerbungsstärkste Master in den Sozialwissenschaften ist) stehen genauso im Widerspruch zu dieser Entscheidung wie die ungebrochene und wachsende Relevanz einer kritischen kriminologischen Sozialforschung.

Auch wenn die Lehre für noch eingeschriebene Studierende bis ins Jahr 2028 im Auslaufbetrieb ausbedient werden soll und Pläne existieren, Teile der Lehr- und Forschungsinhalte in die Soziologie zu übertragen, wird die Eigenständigkeit des Forschungsgebiets, sowie die Möglichkeit der Promotion in der Kriminologie geopfert. Dies ist eine katastrophale Entwicklung, sowohl für die Lehre und Forschung an der Universität Hamburg als auch für die institutionelle Verfasstheit der kriminologischen Sozialforschung in Deutschland und darüber hinaus.

 

Wie konnte es soweit kommen?

Wie sich an der Dokumentation auf unserem Blog nachvollziehen lässt, reicht der Konflikt um die Ausfinanzierung und Schaffung von Lehrstellen in der Kriminologische Sozialforschung und Lehre bereits mehrere Jahre zurück. Das altersbedingte Ausscheiden von zwei Professor*innen hätte eine Neubesetzung von zwei Professuren zur Gewährleistung der Lehre notwendig gemacht. Möglichkeiten für eine übliche Neubesetzung der auslaufenden Lehrstellen wurden jedoch im Vorfeld nicht ergriffen. Im Januar 2022 stellte die Programmkoordinatorin Prof. Christine Hentschel deshalb im Fachbereichsrat Sozialwissenschaften (FBR) den (zu diesem Zeitpunkt noch erfolglosen) Antrag zur Auflösung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie und begründete dies mit ausbleibenden Zusagen für die Neubesetzung der wegfallenden Professuren (weitere genauere Informationen zu einzelnen Entwicklungen findet ihr in unserer Chronologie).

In den eineinhalb Jahren zwischen der Einbringung des Auflösungsantrages im FBR und der Zustimmung des FR WiSo diesen Monat gab es von Seiten der Programmdirektorin oder sonstigen Lehrpersonen keine öffentlich sichtbaren Bemühungen, die Auflösung des Fachgebiets zu verhindern. Auch wenn bereits in den vorangegangenen Jahren Bemühungen zum Erhalt stattgefunden haben, sehen wir in dieser politischen Zurückhaltung einen wesentlichen Grund für eine ausbleibende Mobilisierung nach Einbringen des Auflösungsantrags im Januar 2021.

Auch die stellvertretenden Bemühungen für den Erhalt, die etwa in Gremienarbeit oder Erarbeitung von Finanzierungsalternativen durch die Studierendenschaft stattfanden, welche neben der zur Bescheidenheit mahnenden Normalität prekärer und leistungsorientierter Studierendenverhältnisse auch noch mit der Vereinzelung durch die Covid-19 Pandemie und
den Verlust ihres Studierendenstandortes (Umsiedlung der Lehre 2021 vom Pferdestall AP1 an die Max-Brauer-Allee) zu kämpfen hatte, konnte diese Leerstelle nicht kompensieren.

Stattdessen wurden in den eineinhalb Jahren der politischen Auseinandersetzung sowohl von Seiten der Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke als auch durch Universitätspräsident Heekeren alternative Finanzierungsmöglichkeiten wiederholt ausgeschlagen und politische Verantwortung konsequent von sich gewiesen. Ein offener und zielgerichteter Dialog über Perspektiven des Erhalts des Fachgebiets fand mit dem Präsidenten trotz mehrfacher Gesprächsversuche und formeller Einladung des Präsidenten Heekeren in den Fakultätsrat, die er mehrfach ausgeschlagen hat, zu keinem Zeitpunkt statt.

 

Die finanzpolitische Situation

Diese Blockadehaltung ist aus unserer Sicht nur im Kontext der grundlegenden Unterfinanzierung und dem neoliberalen Umbau der Universität Hamburg u.a. im Rahmen der Exzellenzausrichtung und der dahinterstehenden Mangelfinanzierung durch die Hamburger Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke zu erklären. Der behördlich verordnete Sparzwang, der jetzt nach Auflösung aller finanzieller Rücklagen der Uni voll durchschlägt, und die Bindung von Investitionsmitteln an exzellenzorientierte Forschung zur “individuellen Profilstärkung” schaffen auf fakultärer Ebene eine zunehmende Konkurrenzdynamik um allgemein zu knappe Finanzmittel. Da auslaufende Professuren durch das Präsidium eingezogen werden, verstärken sich fakultäre Konkurrenz und das Werben um die Gunst des Präsidiums zur (Neu)Besetzung von Professuren, wenn eine Schaffung von Stellen nicht zulasten anderer Lehrbereiche geschehen soll. Der Fall der Auflösung der Internationalen Kriminologie zeigt, wie diese Entwicklung droht die demokratische Architektur der universitären Selbstverwaltung auszuhöhlen.

Denn auch wenn sowohl der FBR-Sozialwissenschaften, als auch der Fakultätsrat WiSo schlussendlich für die Auflösung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie stimmten, so sprechen doch die dahinterliegenden Positionen eine ganz andere Sprache, denn egal wen man fragt: Niemand – nicht einmal die Mehrheit der Personen, die dafür abgestimmt haben – möchten das Fachgebiet eigentlich abschaffen. Das wird auch daran deutlich, dass in den eineinhalb Jahren zwei Einstellungsanträge (sowohl im FBR als auch im FR SoWi), auch auf Wirken dieser Initiative hin abgelehnt worden sind. Beide Entscheidungen gegen die Auflösung waren klare Bekenntnisse für die Kriminologische Sozialforschung mit ihren wissenschaftlichen Inhalten und Anerkennungen ihrer gesellschaftlichen Bedarfe. Beide Gremienentscheidungen gegen die Auflösung waren außerdem (teils explizit, teils implizit) mit dem Appell versehen Wege zum Erhalt zu finden und die notwendigen politischen Akteure für den Erhalt zu überzeugen. Trotz dieser willensbekundenden Entscheidungen wurde die Auflösung des Masters Internationale Kriminologie letztendlich durch eine resignierte Mehrheit beschlossen, welche den vermeintlichen Sachzwängen und der aus der Blockadehaltung des Präsidiums entstehenden Perspektivlosigkeit nachgab.

Wie es die Grundordnung der Universität Hamburg in §5 vorsieht, hat die Fakultät so zwar formell über “Einrichtung, Änderung und Aufhebung ihrer Studiengänge” entschieden. Gleichzeitig konnten die formell zuständigen Gremien aber gar keine andere Entscheidung treffen, da sie durch Einzug der Professuren und anschließende Blockadehaltung durch das Präsidium nicht die finanzielle Ausstattung besitzen, um einen anderweitigen Beschluss durchzusetzen. Wenn sich ein demokratisches Gremium aber gar nicht anders entscheiden kann, können solche politischen Verhältnisse wohl am besten als pseudo-demokratisch bezeichnet werden.

Während der Hamburger Senat und die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke in Fragen der Ausfinanzierung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie gerne auf die Hochschulautonomie verweisen, deutet Unipräsident Heekeren gleichermaßen verantwortungsabweisend auf die Autonomie von Fachbereich und Fakultät und erklärt das Ende von Studiengängen zum scheinbar unabwendbaren Lauf der Dinge einer höheren Gewalt. Beides ist eine Entpolitisierung der politischen Konflikte durch intrasparente Verteilung von Mitteln und Diskursverweigerung durch Schein-Argumente, denn warum trifft es ausgerechnet die Kriminologie als kleines und kritisch ausgerichtetes Fach?

Doch auch über die Grenzen der Universität Hamburg müssen sich Fachvertreter*innen im Kontext der Auflösung des Fachgebiets Kriminologische Sozialforschung an der UHH die unbequemen Fragen stellen, wie sich eine (kritische) kriminologische Sozialforschung und -lehre zukünftig überhaupt noch jenseits von Exzellenzkonkurrenz oder technokratischer Dienstleistungen für Polizei und andere Behörden finanzieren kann. Klar ist, dass die fachliche Perspektive der kritischen Kriminologie nicht an Relevanz verliert, sondern in Hinblick auf einen zunehmenden gesellschaftlichen Rechtsruck, autoritäre und punitive Tendenzen, steigende soziale Ungleichheit im Nexus von Sicherheit, Abweichung, Ausgrenzung und Gewalt, eine dringend notwendige kritische und qualifizierte Stimme jenseits von Sicherheitspopulismus und medialem Alarmismus bleibt.

Deshalb rufen wir Vertreter*innen einer kritischen und sozialwissenschaftlich orientierten Kriminologie dazu auf, die Auflösung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie als Weckruf zu verstehen und die Bemühungen um eine (Re-)Institutionalisierung des Fachgebiets zu verstärken, in Hamburg und anderswo. Wir werden jedenfalls weiterhin aus Überzeugung für den Ausbau der fachlichen Inhalte und Perspektiven kämpfen, laden alle ein sich zu beteiligen und möchten uns an dieser Stelle herzlich bei allen Kolleg*innen, Kommiliton*innen und sonstigen Unterstützer*innen bedanken, die in den letzten eineinhalb Jahren das Gleiche getan haben.

Die Initiative zum Erhalt der kriminologischen Sozialforschung und -lehre an der Universität Hamburg (Care4Crimi)

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04.05.23: Solidarität mit der End-Fossil-Besetzung an der UHH

Seit Mittwoch, dem 03. Mai 2023, besetzt die Hamburger Gruppe “SCHWUPPS” der End-Fossil-Bewegung den Hörsaal der Sozialökonomie im Von-Melle-Park 9. Zu ihren Forderungen gehört, neben der kostenlosen Umwandlung des Semestertickets zum Deutschlandticket und der “klimaneutralen Universität” bis 2025, auch eine Demokratisierung und Transformation der Uni Hamburg.

Die Save Krimi!-Initiative, die sich für den Erhalt des Master-Studiengangs “Internationale Kriminologie” einsetzt, schließt sich allen genannten Forderungen an und steht solidarisch an der Seite der Besetzer*innen. Besonders betonen möchten wir in diesem Zusammenhang:

  • die dringende Notwendigkeit radikaler, struktureller Veränderungen an der Uni Hamburg für mehr studentische Beteiligung und Stimmberechtigung,
  • eine Kompetenz-Verschiebung weg vom Uni-Präsidium hin zu den Akteur*innen auf Fakultäts- bzw. Fachbereichsebene,
  • die Aufhebung letztinstanzlicher Veto- und Blockaderechte im Uni-Präsidium,
  • eine deckende Ausfinanzierung von Forschung, Lehre und Studium an der Uni Hamburg durch den Senat,
  • das Ziel einer “Uni für alle”.

Diese drastischen Forderungen sind das vorläufige Ergebnis langer, kräftezehrender Gespräche mit Einzelpersonen und Austauschrunden in verschiedenen Gremien. Für uns hat sich hier immer wieder bestätigt, dass auch die ernsthaftesten Anstrengungen letztlich unbegründet im Präsidium – derzeit in der Person von Hauke Heekeren – scheitern. Wichtige Reformen, die spätestens seit der 68er-Bewegung hinlänglich bekannt sein dürften, wurden verschlafen, ignoriert oder weggelächelt. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Zustände an der Universität Hamburg weiter verschärft: eine sogenannte “Exzellenzinitiative” für die kapitalistische Vermarktung und Verwertung wissenschaftlicher Erkenntnisse steht exemplarisch einem zunehmenden Teil der Geistes- und Sozialwissenschaften gegenüber, die von Kürzungen und Zulassungsauflagen gebeutelt sind. Die aktuelle Strategie der Uni Hamburg fördert auf diese Weise ein disziplinäres Gegeneinander. Eine “Uni für alle” müsste hingegen von einem diversen, kollegialen Miteinander geprägt sein, dessen interdisziplinäre Kooperation allen Menschen in der Stadt und darüber hinaus zugute kommt.

In diesem Sinne rufen wir alle Mitglieder der Universität dazu auf, sich mit dem Protest solidarisch zu zeigen. Dies ist ein Aufschrei: Für eine bessere Uni!

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03.03.23: Was war da los, Herr Heekeren?

In einem Interview mit der taz vom 1. März 2023 äußerte sich der nicht mehr ganz neue Präsident der Universität Hamburg (UHH) Prof. Hauke Heekeren zur gegenwärtigen Situation der Uni. Mit seinen wenigen Worten zur potentiellen Einstellung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie sorgte er bei uns für große Irritation. Deshalb halten wir es für notwendig mit dieser Gegendarstellung einige Aussagen zu korrigieren und mit etwaigen Missverständnissen aufzuräumen.

 

Auflösung der Internationalen Kriminologie längst entschieden?

Zur Frage warum der Studiengang abgeschafft werden solle, obwohl der Präsident mit einem ausgeglichenen Haushalt rechne, antwortet dieser im Interview: “Das hat der zuständige Fakultätsrat lange vor meiner Zeit beschlossen.” Diese Aussage ist falsch.

Weder vor, noch während Heekerens Amtszeit hat der Fakultätsrat der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo) eine solche Entscheidung getroffen. Ganz im Gegenteil liegt sogar eine Ablehnung einer Einstellung unseres Studiengangs durch den Fakultätsrat vor. Hierzu hatten wir am 03. Februar 2023 eine eigene Stellungnahme verfasst.

Einen Studiengang an der Fakultät WiSo der UHH aufzulösen setzt einen Beschluss aus dem jeweils zuständigen Fachbereichsrat, sowie einen gleichlautenden Beschluss aus dem Fakultätsrat voraus. Im Falle des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie wurde die Auflösung erstmalig am 8. Januar 2022, also kurz vor dem Amtsantritt von Prof. Heekeren (Februar 2022) im Fachbereichsrat Sozialwissenschaften beantragt, zu diesem Zeitpunkt aber vom Gremium abgelehnt. Erst im Januar dieses Jahres, also fast ein Jahr nach dem Amtsantritt von Präsident Heekeren, sah sich dann eine Mehrheit im Fachbereichsrat (nicht dem Fakultätsrat!), aufgrund fehlender Perspektiven für Lehrstellen gezwungen für die Auflösung des Studienganges zu stimmen. Der zuständige Fakultätsrat hat dann aber am 1. Februar 2023 als Entscheidungs-Gremium ausdrücklich gegen eine Auflösung des Masterstudiengangs gestimmt. Der Auftrag an Fakultät, Universität und Präsidium ist für uns eindeutig: Auf den weiteren Erhalt des Masterstudiengangs ist hinzuwirken!

Die gegenläufige Darstellung des Präsidenten ist auch deshalb irritierend für uns, da sie suggeriert, die Gestaltung der Zukunft des Studienganges liege außerhalb der Entscheidungsgewalt des Unipräsidenten. Auch hier müssen wir deutlich widersprechen. Denn neben den Fakultäten ist im Besonderen das Präsidium mit der Kompetenz ausgestattet, neue Professuren einzurichten. Dass dies nicht geschieht führen wir auf beobachtbare, finanzielle Engpässe auf Fakultätsebene zurück, die sich durch die Jahre des Sparens aufgestaut haben und welche eine Neuschaffung von Stellen auf Fakultätsebene derzeit enorm erschweren. Auch hier irritiert der zweck-optimistische Blick Heekerens auf die finanzielle Lage der Uni. Denn diese Umstände müssen dem Präsidium selbstverständlich bekannt sein. Allerdings wäre es auch Aufgabe des Präsidiums, diesem Trend entgegen zu wirken. Schließlich ist der Präsident eigens dafür mit reichlich Handlungsmacht ausgestattet. Heekeren hat dafür an der Universität Hamburg gleich mehrere Werkzeuge, wie bspw. die §17(1)-Professuren oder Tenure-Track-Professuren. Diese könnten dafür genutzt werden, die Lehre des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie mit dem notwendigen Lehrdeputat auszustatten. Es ist auch Heekerens Aufgabe gegenüber dem Senat und der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, die dafür benötigten Mittel einzufordern.

 

Inhalte der Internationalen Kriminologie werden von anderen Studiengängen abgedeckt?

Gleich im nächsten Satz des Interviews behauptet der Neurowissenschaftler Heekeren weiter: “Die Inhalte, um die es hier [also in der Internationalen Kriminologie] geht, werden sogar von anderen Studiengängen abgedeckt”. Diese Aussage legt nahe, dass mit der Auflösung des Studienganges keine Inhalte verloren gingen und dass der Studiengang obsolet sei. Beides ist falsch.

Auch wenn es Schnittmengen des interdisziplinären Forschungsprofils der Kriminologischen Sozialforschung mit anderen Studiengängen, wie etwa der Soziologie oder den Rechtswissenschaften gibt, so kann keiner dieser Studiengänge die Inhalte und schon gar nicht die forschungs- und anwendungsbezogene Fokussierung des Fachgebiets ersetzen. Wir verdeutlichen dies einmal für einen Neurowissenschaftler: Nur weil sich Teile der Biologie oder Psychologie ebenfalls mit neuronalen Prozessen und Hirnfunktionen beschäftigen, bedeutet dies weder, dass die Inhalte der Neurowissenschaften durch diese Fachgebiete ersetzt werden könnten, noch dass eines der Fachgebiete wissenschaftlich überholt wäre.

Außerdem möchten wir darauf hinweisen, dass es im deutschsprachigen Raum zahlreiche Standorte gibt, an denen Neurowissenschaften, Psychologie oder Biologie studiert werden kann und das ist auch gut so. Für die Kriminologische Sozialforschung ist das, wie wir auch dem Präsidenten gegenüber immer wieder betonen, aber nicht der Fall. Zu unserem großen Bedauern ist der Studiengang Internationale Kriminologie in Deutschland, genau wie die Möglichkeit im Bereich der Kriminologischen Sozialforschung zu promovieren, an der UHH einzigartig. Im europäischen Ausland ist dies widerum gänzlich anders gelagert. Hier beansprucht die Kriminologie ganz selbstverständlich eine etablierte Fachdisziplin für sich.

 

Auflösung der Internationalen Kriminologie als natürlicher Lauf der Dinge?

Im nächsten Abschnitt des Interviews versucht Präsident Heekeren dann auch gleich zu beschwichtigen: das Ersetzen von Studiengängen sei “ein normaler Prozess an einer großen Uni”. Es ist zwar richtig, dass in der Geschichte der universitären Lehre immer wieder fachliche Veränderungen stattfinden. Die Formulierung von Heekeren impliziert jedoch, dass diesen Entwicklungen eine fast schon natürliche Unausweichlichkeit zugrunde läge und dass im Falle der Internationalen Kriminologie für einen Ersatz gesorgt sei. Beides ist nicht der Fall.

Universitäten, Studiengänge und daraus erwachsender gesellschaftlicher Mehrwert ist keiner “Natürlichkeit” unterworfen. Vielmehr bedarf es einer aktiven Steuerung dieser Prozesse. Aus exakt dieser Notwendigkeit ergibt sich überhaupt erst die Rechtfertigung für ein Präsidium. Die Transformation und Auflösung von Forschungs- und Studieninhalten geht letztlich auf Entscheidungen über die Verteilung von Ressourcen zurück. Für die Universität Hamburg lässt sich bei diesen Entscheidungen ein deutliches Muster bebachten: Kleine und kritische Studiengänge kämpfen häufiger um ihre Existenz als größere und etabliertere. Insbesondere, wenn sie sich nicht gut im Rahmen von Exzellenz-Initiativen kapitalisieren lassen.

Offen bleibt zudem, welchen “Ersatz” Heekeren für die Kriminologie in Hamburg im Kopf zu haben scheint. Wie ausgeführt gibt es in der gesammten deutschsprachigen Wissenschaftssphäre keinen vergleichbaren Studiengang, der die Inhalte kompensieren könnte. Es liegen nicht einmal Konzepte zum “Ersetzen” des Studiengangs an der Universität Hamburg vor. Bisher wurde immer nur von einer scheinbar alternativlosen Auflösung ausgegangen. Die Formulierung “Ersetzen von Studiengängen” ist also in Bezug auf die Auflösungsdebatte des Masterstudienganges Internationale Kriminologie mindestens irreführend.

 

Quo vadis, Präsident?

Was sollen wir nun aus diesen weitgehend falsifizierten Aussagen schließen, Herr Prof. Heekeren?

Wir hoffen, dass Sie sich so intensiv mit dem Fall der Internationalen Kriminologie befasst haben, wie es einer so weitreichenden Auflösungsthematik bedarf oder dies zumindest zügig nachholen. Unsere Gegendarstellung sehen wir dabei als eine erste Gesprächsgrundlage, die von Fehlinformationen und Missverständnissen bereinigt ist und wünschen uns eine faktenbasierte Auseinandersetzung auf Augenhöhe.

Wir möchten noch einmal betonen: die vermeintlich alternativlose Auflösung der Internationalen Kriminologie ist kein natürliches Ereignis. Es ist ein institutioneller Prozess, dem mit der Schaffung einer klaren Alternative begegnet werden muss. Die relevanten Entscheidungen werden im Hier und Jetzt von konkreten Personen getroffen und nicht von einer abstrakten unbegründbaren Vergangenheit oder unabwendbaren Sachzwängen. Es liegt auch an Präsident Heekeren, die Beschlüsse von Gremien der universitären Selbstverwaltung ernst zu nehmen und gemeinsam mit Fakutltät, Fachbereich und Studierendenschaft ein Konzept für den Erhalt der Kriminologischen Sozialforschung, dem Masterstudiengang Internationale Kriminologie und den sogenannten “kleinen Fächern” auszuarbeiten.

Dabei hoffen wir nach wie vor auf Ihre Unterstützung, Herr Präsident.

03.02.23: Fakultätsrat lehnt Auflösung Internationale Kriminologie ab!

Liebe Kommoliton*innen,
Liebe Interessierte,

viele werden es schon mitbekommen haben, trotzdem hier nochmal die frohe Kunde:

Die vielen Bemühungen um den Erhalt des Masterstudienganges Internationale Kriminologie haben zu einem ersten konkreten Erfolg geführt. Nach langer Diskussion konnte am Mittwoch in der Sitzung des Fakultätsrats WiSo (FR) eine Mehrheit (4 Ja, 8 Nein, 4 Enthaltungen) dafür gewonnen werden sich gegen die Auflösung des Masterstudienganges zu entscheiden!

Das sind großartige Nachrichten, denn nicht nur haben wir so wichtige Zeit gewonnen um uns um weitere Gelder bzw. Professuren zu bemühen. Sondern wir haben auch gemerkt, dass wir überall in der Universität Unterstützer*innen haben, die das Fachgebiet genaus wichtig finden wie wir und die bereit sind sich dafür einzusetzen.

Diese Entscheidung für den Masterstudiengang markiert eine Kehrtwende in der Auseinandersetzung, die uns neuen Rückwind gibt. Damit wir dieses Momentum produktiv nutzen können brauchen wir aber weiterhin – und vielleicht sogar noch mehr als bisher schon – eure Unterstützung: Professuren fallen nicht vom Himmel, sondern müssen erkämpft werden! Aber gemeinsam können wir es schaffen, da sind wir sicher!

Ihr seid nicht nur Willkommen, sondern herzlich dazu eingeladen euch zu beteiligen und uns zu kontaktieren!

Euer FSR Kriminologie

30.01.23: Kritische Lehre am Fachbereich ausbauen, Studiengang Kriminologie erhalten!

Liebe Kommiliton*innen,
Liebe Interessierte,

die Diskussion um den Erhalt und Ausbau der Kriminologischen Sozialforschung geht in die nächste Runde: Nachdem dem Unterfinanzierungsdruck im Fachbereichsrat nachgegeben worden ist (die Einstellung des MA Internationale Kriminologie ist mit 5 zu 2 Stimmen angenommen worden), heißt es um so mehr im nächsten Gremium, dem Fakultätsrat, für einen Erhalt der Kriminologie zu kämpfen. Denn die Hamburger Kriminologie kann essenziell zu einem kritischen und sozialbewussten Umgang mit Gewalt und deren Ursprüngen beitragen. Eine solche Forschung wird in der aktuellen Krisenlage mehr und nicht weniger gebraucht.

Die rege Beteiligung der Studierenden am letzten Fachbereichsrat hat vor allem eins gezeigt: Die hohe Aufmerksamkeit und dass unsere Argumente wirken. Gegen den Klausurendruck können wir zusammen für eine bessere Gesellschaft wirken und damit nicht nur die Kriminologie erhalten, sondern auch die gesamte Universität ausfinanzieren. In unseren Vorbereitungen und in vielen Gesprächen mit unterschiedlichsten Personen wurde deutlich, wie sehr die Unterfinanzierung der Universität in Forschung und Lehre einschränkt und zur Streichung ganzer Wissenschaftsbereiche führt, die nicht in Exzellenz-Strategien passen. So wird der vermeintliche Sachzwang zum Streit um die Wissenschaft, den wir mit der Kriminologie in der Uni führen. Das ist Ausgangspunkt dafür, dass es um mehr als einen Studiengang geht!

Wir treffen uns Mittwoch, den 01.02.2023 zum Vorbereiten und Konstituieren für den Fakultätsrat. Dort werden wir gemeinsam überlegen, wie wir im Fakultätsrat für einen Erhalt wirken können. Nach dieser Sitzung wird es weiter gehen – Das besprechen wir ebenfalls am Mittwoch und teilen das über unsere Website und Infochats. Komm’ gerne dazu, um zusammen eine Finanzierung der Universität auszugestalten!

Bis dahin

Euer Fachschaftsrat Sozialwissenschaften

18.01.23: Beschluss des Fachbereichrats Sozialwissenschaften zur Auflösung Internationale Kriminologie

Liebe Kommoliton*innen,
Liebe Interessierte,

mit Bedauern und Enttäuschung müssen wir euch leider mitteilen, dass die professurale Mehrheit des Fachbereichrats Sozialwissenschaften heute gegen unseren Antrag zum Erhalt der Kriminologie und für die Auflösung des Studiengangs Internationale Kriminologie gestimmt hat.

Es waren echt viele von Euch heute dabei und haben sich mit Wortbeiträgen eingemischt, darum sind wir euch super dankbar und hoffen, dass ihr auch weiter dabei seid!

Denn auch wenn sich die Mehrheit der Profs heute nicht vorstellen konnte weiter für den Erhalt des Masterstudienganges zu kämpfen, (obwohl sie die meißten unserer Argumente ja sogar inhaltlich befürworten) heißt das ja nicht, dass wir aufgeben..

Als nächstes muss der Antrag durch den Fakultätsrat (in zwei Wochen) und auch dort können wir erneut unsere Argumente vortragen, oder schon vorher aktiv werden!

Um unseren weiteren Protest zu organisieren und uns weiter abzustimmen treffen wir uns nochmal im Vorfeld. Falls ihr dabei seien wollt findet ihr Aufrufe in den entsprechenden Messenger-Gruppen, oder ihr antwortet einfach auf diese E-Mail.

Danke an alle die in den letzten Tagen, Wochen und vorallem heute dabei waren und soviel Kraft in Redebeiträge, Gespräche und und und gesteckt habe!

Liebe Grüße und bis bald

Euer FSR Kriminologie

12.01.23: Kriminologie erhalten, soziale Lage verbessen!

Liebe Kommiliton*innen,
Liebe Interessierte,

im Moment eröffnet sich an vielen Stellen im Fachbereich die Möglichkeit aber auch Notwendigkeit für kritische Wissenschaft mit guten Studienbedingungen zu wirken: fehlende Räume, eine drückende soziale Lage und der drohende Wegfall des Kriminologie-Studiengangs erfordern unser handeln. Nächsten Mittwoch, am 18.1.2023 stehen besonders für den Studiengang Internationale Kriminologie richtungsweisende Entscheidungen an, bei denen es an uns Studierenden ist, üerzeugend für eine bessere Sozialwissenschaft einzutreten.

Die Hamburger Kriminologie kann essenziell zu einem kritischen und sozialbewussten Umgang mit Gewalt und deren Ursprüngen beitragen. Eine solche Forschung wird in der aktuellen Krisenlage mehr und nicht weniger gebraucht. Dennoch wird im Fachbereichsrat Sozialwissenschaften nun zum zweiten Mal ein Antrag zur Einstellung des Studiengangs gestellt. In Folge der unterfinanzierten Universität gibt es aktuell zu wenige Lehr- und Forschungsstellen. Anstatt weiter für mögliche Alternativen und Möglichkeiten für den Erhalt des Studiengangs zu wirken, soll sich nun der Sparsamkeit gefügt werden.

Um stattdessen zu einer Fortfürung und Entwicklung der Kriminologischen Sozialforschung zu kommen möchten wir euch dazu aufrufen, sich am kommenden Mittwoch, den 18.1.2023 zusammen zu besprechen und dann gemeinsam in den Fachbereichsrat zu gehen. Wir wollen unter uns und anschließend mit den Lehrenden die Zukunft der kriminologischen Sozialforschung an der Uni Hamburg diskutieren. Dazu sind alle herzlich eingeladen.

Für ein Fortbestehen der Kriminologischen Sozialforschung!

Bis dahin

Euer Fachschaftsrat Sozialwissenschaften

19.05.22: Aufruf zur Kundgebung “Lehre Ausfinanzieren – Internationale Kriminolgie retten!” und Einladung zum Aktionsplenum

Liebe Unterstützer*innen und Interessierte,

der Kampf um den Erhalt des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie an der Universität Hamburg (UHH) geht in die heiße Phase!

Nach derzeitigem Kenntnisstand treffen Vertreter*innen aus Präsidum und Dekanat am 24.05. (kommenden Dienstag!) eine Entscheidung über die weitere Finanzierung der Internationalen Kriminologie.

Auch wenn es sehr kurzfristig ist, möchten wir diesen Entscheidungsprozess selbstverständlich nicht unkommentiert lassen, sondern unsere Haltung und Argumente entschlossen vortragen und den Universtitätspräsident, die Vizepräsidentin und den Dekan der WiSo-Fakultät dazu bewegen Mittel und Wege für den Erhalt des Studiengangs zu organisieren. Finanzierungsfragen sind Prioritätsfragen!

Deshalb kommt am Montag, den 23.05. um 14:30 Uhr zum Aktionsplenum. Dort möchten wir uns mit euch vernetzen und gemeinsam mit euch den gemeinsamen Protest organisieren.

Geplant ist eine Kundgebung am Dienstag, den 24.05. um 12 Uhr am Mittelweg 177 vor dem Gebäude der Präsidialverwaltung.

Gerne möchten wir euch aber vorab noch einmal ausführlicher den Kontext und die aktuelle Situation schildern:

 

Wie ist der aktuelle Stand?

Am 12. Januar 2022 wurde die Auflösung des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie durch die Studiengangskoordinatorin im Fachbereichsrat Sozialwissenschaften (FBR) mit der Begründung beantragt, dass zwei hauptamtlich Lehrende bis zum Jahr 2027 altersbedingt ausscheiden. Dieser Antrag wurde zwar vorerst abgelehnt und stattdessen ein vorläufiger Zulassungsstopp zum Wintersemester 2023/24 entschieden, abgewendet wurde das drohende Aus des Masterstudiengangs damit aber nicht. Stattdessen bat der FBR Präsidium und Dekanat der UHH darum, „die dauerhafte Fortsetzung des renommierten Studiengangs zu prüfen und zu ermöglichen“ [1] und wird in einer der kommenden Sitzungen erneut über eine Auflösung des Studiengangs entscheiden.

Uns ist dabei wichtig zu betonen, dass auch wenn die Entscheidungskompetenz über Auflösung des Studienganges formell beim FBR liegt, dieser nicht über die Verteilung von Finanzmitteln verfügen kann, weswegen der FBR in seiner Entscheidungskompetenz effektiv an die Bereitschaft von Dekanat und Präsidium gebunden ist, Mittel zur Verfügung zu stellen.

Jedoch sind nach unserem Kenntnisstand derzeit weder das Dekanat noch das Präsidium gewillt die zwei wegfallenden Lehraufträge finanziell und personell zu kompensieren und so die Auflösung des Masterstudiengangs zu verhindern. Stattdessen scheint der Fokus darauf zu liegen zu einer schnellen Entscheidung zu kommen, wofür sich der Universitätspräsident Prof. Dr. Hauke Heekeren, Vizepräsidentin Prof. Dr. Rupp und dem Dekan der WiSo-Fakultät Prof. Dr. Cord Jakobeit am 24.05. (kommenden Dienstag) treffen werden.

 

Was bedeutet das?

Wir glauben nicht, dass Präsi und Dekan am Dienstag plötzlich eine wundersame Finanzierung beschließen. Stattdessen befürchten wir, dass der Internationalen Kriminologie hinter verschlossenen Türen die Lichter abgestellt werden.

 

Was nun?

Das können und werden wir selbstverständlich nicht einfach so hinnehmen!

Gerne hätten wir in Kooperation mit dem Präsidium über Möglichkeiten des Erhalts des Studiengangs geredet und aktiv an Lösungsstrategien zur Finanzierung beigetragen. Leider wurde aber bis heute nicht auf Gesprächseinladungen durch uns und den Fachschaftsrat Kriminologie reagiert. Deshalb gilt: Wenn der Präsident nicht zu uns kommen will, müssen wir eben zum Präsidenten gehen.

Deshalb möchten wir unseren Protest am Dienstag den 24.04. um 12 Uhr sichtbar und lautstark vor das Gebäude der Präsidialverwalt tragen und Dekan und Präsidenten dazu bewegen sich für den Erhalt des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie und gegen eine Auflösung zu entscheiden.

 

Was können wir tun?

  • Kommt zu unserem Aktionsplenum am 23.05. und lasst uns gemeinsam das weitere Vorgehen beraten.
  • Bringt dafür gerne Pappen, Sprühkreide, Farben und Stifte mit.
  • Sagt allen, denen etwas am Erhalt des Masterstudiengangs Internationale Kriminologie liegt, bescheid.
  • Und am wichtigsten: Kommt gemeinsam mit all euren Freund*innen zu unserer Protestaktion am 24.05. um 12 Uhr zum Präsidium der UHH im Mittelweg 177!

 

Wir freuen uns auf euch!

Care4Crimi und der Fachschaftsrat Interationale Kriminologie

 

[1] Protokoll des Fachbereichsrats im Fachbereich Sozialwissenschaften (WiSo Fakultät an der UHH) 24. Sitzung Mittwoch, 12.01.2022.

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